Mein Jahresrückblog2022

 

 

Mein Motto für dieses Jahr könnte rückblickend heissen:  JETZT ERST RECHT UND DAS MIT GANZ VIEL HERZ!

Bereits 2021 entschied ich mich für die Selbständigkeit. Es gab ungeahnte Verzögerungen und  Hindernisse, die alles von mir abverlangten. Es war wirklich kein Zuckerschlecken. Eher nach der schwäbischen „Waisheit“, dass das „Läba koin Schlotzer isch“ (Lutscher/Lolli für alle Nichtschwaben). Ich war 9 Monate länger als geplant damit beschäftigt, mein Projekt „WellnessMobil“ an den Start zu bringen, meine neue Tätigkeit als Naturkosmetikerin aufzubauen und einem Zusatzjob nachzugehen, der mir meine Grundsicherung ermöglichen sollte.

Es war der Job in einem Call Center, bei dem ich mich den technischen Herausforderungen stellte und selbst am wenigsten daran glaubte, dass ich es schaffen könnte, mit mehr als 20 EDV-Programmen zu hantieren und aufgebrachten Kunden technischen Support zu geben.  Diesen Job hätte ich gerne längere Zeit gemacht aber sowohl die Tätigkeit, als auch die Rahmenbedingungen waren für mich auf Dauer unerträglich. Den Entschluss, mein Projekt voran zu treiben hat es allerdings bestärkt.

Eigentlich hätte ich bei den unzähligen Hürden aufgeben und hinschmeissen müssen. Ich wundere mich im Nachgang schon auch selbst, wie ich das habe durchziehen können. Vielleicht war es mein kraftvoller Traum, und die Vision, die ich klar vor Augen hatte. Im Frühjahr bin ich dann endlich mit meinem rollenden WellnessMobil an den Start. 

Noch nie habe ich mich so intensiv mit einem Jahresrückblick auseinandergesetzt. Das im Rahmen eines Blogs zu tun, ist eine neue Herausforderung und ein neues grosses Lernfeld. Die Bloggerin und Texterin Judith Peters von sympatexter hat die Challenge zum Jahresrückblick 2022 initiiert, mit ansteckender Leichtigkeit Mut gemacht und ist ein Bollwerk an Kompetenz und Fachwissen. Danke Judith! Sie Ist allen Menschen zu empfehlen, denen es in den Fingern juckt zu schreiben und die etwas mitzuteilen haben.  

 

Meine Geschäftsidee der mobilen Kosmetikbehandlung und gleichzeitig mein Traum, mit Camper unterwegs zu sein.

Mein Jahresrückblick 2022

 

Hotline Support ist nichts für Feiglinge

 

Eine Hotline ist nur scheinbar anonym. Es sind immer Menschen dahinter.

Den Weg in die erneute Selbständigkeit habe ich finanziell in einer Support-Hotline eines Schweizer Mobilfunkanbieters überbrückt. Und das war eine Erfahrung der dritten Art. Call Center sind in den 90er Jahren Teil meines Berufs gewesen und kenne sie, seit sie wie Pilze aus dem Boden wuchsen. Als Kommunikationstrainerin und Coach habe ich sowohl Mitarbeiter und Führungskräfte in Firmen, als auch in Call Centern geschult und sie dabei unterstützt, ihr kommunikatives Potential zu entfalten. 

Das, was ich in der Schweiz in der Hotline erlebt habe, hat mich nicht selten entsetzt. Ich wusste mir zwar immer zu helfen aber die Art, wie die Menschen sich einem Hotline-Mitarbeiter gegenüber verhalten, das war eine ganz neue Erfahrung. Ich habe über 20 Jahre in der Schweiz gelebt und ich liebe Land und Leute. Um so überraschter war ich, wie sich diese, sonst so zurückhaltenden Menschen plötzlich benahmen und in der Hotline so richtig derb und auch mal beleidigend wurden. Zur Ehrenrettung muss ich sagen, dass dieses Verhalten Kunden jeglicher Nationalität an den Tag legten. Die Hemmschwelle, ausfallend zu werden ist offenbar nicht nur in den sogenannten „sozialen“ Medien, sondern auch in diesem Bereich wesentlich niedriger geworden, als das vor Jahren noch denkbar gewesen wäre. (Auweia, jetzt klinge ich wie eine alte Frau. Aber egal. Ich stehe dazu, weil ich es genau so empfinde und es fühlte sich schrecklich an). Meist ging mir bei jedem eingehenden Anruf der Puls erst Mal so richtig hoch und der Magen zog sich zusammen, besonders in den ersten Wochen. Und wenn es ein Kundenanliegen war, dass ich nicht lösen konnte, musste ich mir Hilfe vom Team-Support holen. Was Kunden nicht wissen ist, das die Zeit, in der sie für eine klärende Rückfrage in der Warteschleife hängen, der Hotline-Mitarbeiter oft selbst auf eine Antwort im Support-Chat wartet, wenn er Informationen einholen muss und das kann schon mal 5-10 Minuten dauern, zumal man die Kundenfrage schriftlich in einen Chat füttert und wenn es weitere Unklarheiten oder unpräzise Antworten gibt, dann muss man erneut warten, bis die Antwort so klar ist, das man den Kunden wieder in die Leitung holen kann. Meist beeinflusst das lange Warten  die Grundstimmung des Kunden, nachvollziehbarer weise, nicht zwingend positiv… .

Dazu kam, dass kann ich in der Gesamtbeschreibung der Situation nicht aussen vor lassen, die für mich bis dahin unvorstellbare Totalüberwachung durch das EDV-System und die Führungskräfte. Dabei war schon auffallend, das nur ganz wenige von ihnen über ein Mindestmass an Empathie und Führungskompetenz verfügten. Jede Minute zählte, alles wurde erfasst und kontrolliert. Selbst der Gang zur Toilette, sollte er länger dauern, musste gemeldet werden. Ich habe mich noch nie so entmündigt gefühlt, und ich empfand es teilweise grenzwertig demütigend. Hinzu kommt die bis zur Schmerzgrenze niedrige Bezahlung. Davon kann man auch  in Vollzeit in der Schweiz nur dann leben, wenn man alleine ist und sich auf das allernotwendigste reduziert. 

Meist sind es Studenten und junge Leute, die das nur kurze Zeit machen und lockerer nehmen, wie ich beobachten konnte. Auch Frauen in meinem Alter von Ü50 sind in solchen Call Centern zu finden und wenn sie in der Festanstellung arbeiten wollen, finden häufig kaum andere berufliche Möglichkeiten. Ich habe mich mit einigen ausgetauscht und da waren richtig qualifizierte Frauen dabei. Das fand ich bitter. Ich selbst bin ja auch nicht gerade unqualifiziert aber ich wusste, dass ich das nur zur Überbrückung machen werde. Allerdings hab ich mich schon im April, nach kaum 6 Monaten aus dieser Mühle heraus genommen. Es war einfach nicht mehr zu ertragen. Ich hatte morgens oft ein Gefühl von „in den Steinbruch zum Steine klopfen gehe“.

Ich war meine ganzes Leben mehr selbständig, als das ich angestellt war aber diese Erfahrung war dennoch unglaublich hilfreich und bestärkte mich erst recht darin, mein Projekt voran zu treiben. Von mir selbst war ich insofern überrascht, dass ich  innerhalb kürzester Zeit ca. 20 EDV-Programme anwenden und technische Hilfestellung rund um das Thema Mobilfunk geben konnte. Ich habe mich durchgebissen, obwohl ich für mich anfangs keine Sonne  sah. Das Tempo, das vorgelegt wurde, war enorm und ich musste zur Kenntnis nehmen, dass ich nicht mehr so schnell lerne, wie das vor 10 Jahren noch der Fall war. Das musste ich bereits während meiner Ausbildung zur Naturkosmetikerin zur Kenntnis nehmen.  Dass ich es dennoch geschafft habe, hat mich innerlich gestärkt und noch mutiger sein lassen, für das, was ich vor hatte. Ich wollte morgens mit Elan und Leichtigkeit aufstehen, weil ich mich auf den Tag freue und ich nicht am Gängelband von Menschen hängen, bei denen ich mich oft fragte, wie es sein kann, das sie mit diesen dürftig ausgestatteten Führungskompetenzen in einer derartigen Postion sind und auf Mitarbeiter los gelassen werden.  Ich war so was von bereit, den Preis für diese Unabhängigkeit zu zahlen und endlich mit der Selbständigkeit zu starten.

 


 

Verspätet in die Selbständigkeit wegen Rückbau des Einbaus

Alle Schubladen herausmontiert, da sie völlig verzogen waren, während der Fahrt aufgingen und die Technik hinter dem Fahrersitz bereits nach 24 Stunden den Geist aufgegeben hatte.

Meine Selbständigkeit mit dem WellnessMobil sollte ursprünglich im August 2021 an den Start gehen. Es war auch alles fertig, nachdem ich bereits Mitte 2020 die Idee dafür hatte und seither mit einer inneren Freude erfüllt war, dass es mich aus meiner Erschöpfung wieder in die Kraft zog. Es war mein Antrieb, mein Motor und das Finalbild hat mich so wahnsinnig glücklich gemacht, wie ich es noch nie zuvor gefühlt hatte. Noch in der Klinik im April 2020 hatte ich mich für die Ausbildung zur Naturkosmetikerin angemeldet. Mitten im Lockdown beschloss ich, mich selbständig zu machen. Ich wollte mich beruflich neu aufstellen und meine mehr als 20-jährige Erfahrung in der Naturkosmetik mit der Tätigkeit einer Naturkosmetikerin, dem Vertrieb von herausragender Frischekosmetik verbinden und dabei mein Beziehungsnetzwerk weiter ausbauen. Und ich wollte endlich nicht mehr nur von einem Camper träumen, sondern einen haben. Mit der Idee des WellnessMobil hatte ich alles vereint!

Auch wenn es der Rückblick 2022 ist, muss ich einen kleinen Schwenk auf das Jahr 2021 machen. Denn bereits im August 2021 sollte der Starttermin sein. Die Website war gestaltet, Texte über Monate entwickelt und geschrieben, Flyer waren gedruckt. Alles pünktlich fertig. Ich habe mein über Monate geplantes Fahrzeug von einem Camper-Ausbauer in Basel abgeholt. Die Zusammenarbeit mit dem jungen Mann war eher schwierig und mein Bauchgefühl schlug, dass musste ich mir im Nachgang eingestehen, gleich zu Beginn Alarm. Er lästerte über eine Kundin, deren Fahrzeug in der Endphase war. Sowas geht gar nicht! Mein Bauch sagte „lass die Finger von diesem Typen“. Doch der Denker in meinem Kopf hielt dagegen und flüsterte mir zu, das dies die! Chance sei, das Projekt zu realisieren. Er war zu dem Zeitpunkt der einzige, der Kapazität hatte und zum genannten Budget versicherte, das Projekt realisieren zu können. Das habe ich gerne gehört. Da hatte mein Bauch nichts mehr zu melden. Ich war derart beseelt von meinem Ziel und hatte einen Tunnelblick. Vor Allem aber hatte ich einen Businessplan und mir eine Deadline  gesetzt, wann Geschäftseröffnung sein sollte.

Es kam nicht nur, wie es gemäss Bauchgefühl kommen musste – es kam noch schlimmer. Der Ausbauer arbeitete derart dilettantisch, dass es dafür kaum Worte gibt. Ich kann hier unmöglich jedes Detail aufzählen (ausser ich schreibe mal in einem separaten Blog darüber) aber im Nachgang kann ich sagen, dass ich definitiv an jemanden geraten war, der sich selbst masslos überschätzte. Sowohl handwerklich als auch fachlich. Gleichzeitig völlig unbeirrt war und keinerlei Reflexionsbereitschaft im Hinblick auf den produzierten Murks.  Dazu muss man wissen, dass Camper-Ausbau Hochkonjunktur hatte und jeder Bastler der mal einen VW-Bus ausgebaut hat meint, seinen Hobby zum Beruf machen zu können. Dazu eine Website, die sogar Planung mit CAD-Technik verspricht. Das es am Ende eine handgemalte Zeichnung war, die ich vorgelegt bekam, habe ich entsetzt zur Kenntnis genommen. Ein Rückzug war rein monetär zu diesem Zeitpunkt nicht mehr möglich, da ich bereits eine erhebliche Anzahlung geleistet hatte.

Warum ich nicht schon viel Früher die Reisleine gezogen und den Auftrag zurück zog? Das ist tatsächlich die Frage. Ich stand derart unter Zeitdruck und ich wollte (!) einfach, dass es funktioniert. Ich habe mein Bauchgefühl komplett unterdrückt und mein Bewusstsein, also ich, wollte nicht wahrnehmen, was doch so offensichtlich war. Von Aussen betrachtet vermutlich überhaupt nicht nachvollziehbar. Aber ich war Teil meines Systems, aus dem ich nicht heraus kam.

Ich habe das Fahrzeug im August 2021 in Basel abgeholt und in den darauf folgenden Tagen um nicht zu sagen schon in den ersten Stunden, traten mehr und mehr Mängel auf. Es war zu der Zeit extrem heiss und die Materialien waren maximal ausgedehnt. Die Möbel hatten so viel Spiel, dass sich Schubladen und Schranktüren im leeren Zustand während der Fahrt öffneten. Die Warmwasserpumpe mit 6 kg Gewicht im gefüllten Zustand, hing an einer einzigen Schraube und das über Kopf! Laut Hersteller definitiv die falsche Position. Die Pumpe wurde bei der Planung schlicht vergessen. Aber das Schlimmste war, dass die komplette Elektronik und Technik schon nach 24 Stunden (!) nicht mehr funktionierte. Dass das mein Glück war, sollte ich ein paar Monate später erfahren.

Ich beauftragte also einen Gutachter der einen Totalschaden ermittelte. Ausführung mangelhaft und so nicht zu gebrauchen. Nun stand ich da mit meiner Idee, auf Campingplätzen, bei Pensionen ohne Wellnessbereich, in Seniorenheimen usw. meine Dienstleistung anzubieten und hatte ein Fahrzeug, dass gewissermassen kaputt gebaut war. Eben – Totalschaden! Meine Existenzpläne zerfielen mit jedem Tag ein Stück mehr und die Existenzängste krochen mit einem kalten Würgegriff ganz langsam aber stetig an mir hoch. Natürlich bin ich zu einem Anwalt, um die geforderte Restsumme abzuwenden. Leider hatte ich schon Anzahlungen in nicht unerheblicher Höhe geleistet. Schadenersatz einklagen ging nicht. Die Anwalts- und Gerichtskosten wären höher geworden, als die Schadenssumme.

Ich musste eine Entscheidung treffen: Verramsche ich den Camper mit kaputtem Innenausbau oder nehme ich erneut Geld in die Hand, um das Fahrzeug und meine Geschäftsidee, meinen Traum, zu retten?  Ich entschied mich, das Fahrzeug reparieren zu lassen. Ich wollte diesem Menschen definitiv nicht die  Macht geben, meinen Traum zu zerstören und habe hier auch keine weitere Energie hinein gesteckt.

Es dauerte weitere 6 Monate, bis ich jemanden fand, der wirklich fähig und auch Willens war, sich des Schadens anzunehmen. Die Firma refatec GmbH südlich von München. Dort teilte man mir mit, dass die Elektronik so eingebaut war, dass Lebensgefahr bestand. Kein Personenschutz, das heisst, ich hätte einen tödlichen Stromschlag bekommen können und es bestand akut Brandgefahr. Das war ein weiterer Schlag. Bevor ich einen „Überschnapp“ bekommen sollte, entschied ich mich, dem Leben dankbar dafür zu sein, dass es mich durch das vollständige Versagen der Technik, vor Schlimmeren bewahrt hat! Das meine ich keinesfalls zynisch. Im Grunde war es ja kaum noch auszuhalten, was an immer neuen Hiobsbotschaften kam und ich musste irgendwie damit umgehen. 

In dieser Zeit habe ich noch intensiver gelernt mit den Unwägbarkeiten ganz pragmatisch umzugehen und mich keinesfalls durch meine innere Haltung oder negative Bewertung der Situation, mich selbst in emotionale Abgründe zu ziehen. Ich habe es über viele Monate geschafft, die Dinge zu nehmen, wie sie sind und meine Gedanken so zu steuern, dass sie mir Kraft gaben und ich weiterhin das Finalbild vor Augen hatte. Das hat mich überleben lassen.

 

Mein Sommer im WellnessMobil

 

Nach fast zwei Jahren Vorbereitung war es endlich soweit. Am 27. April 2022 ging ich mit dem WellnessMobil auf dem Campingplatz Miralago im Tessin an den Start.

 

Eines Tages, es war der 04. April und der Tag meiner Kündigung im Call Center, regnete es sehr heftig und plötzlich hatte ich Wasser, dass über das Dachfenster eindrang. Ich fuhr mit dem Camper und plötzlich tropfte es mir in den Nacken. Den Moment, in dem mir klar wurde, was hier gerade passiert, werden ich nie vergessen. Das Wasser, welches sich in einer Pfütze hinter mir auf der Arbeitsfläche befand, drohte in die kurz zuvor reparierte Technikanlage zu fliessen. Mein Puls war so hoch, ich spürte nur noch, wie die Panik in mir aufstieg. Da war ich dann tatsächlich erstmals an einem Punkt, wo ich dachte „Hallo? Leben? Was noch???“ Wieder musste ich eine  Werkstatt  finden, die möglichst sofort Zeit hatte. Ich erfuhr, dass das Dachfenster lediglich eingesetzt war, sprich weder verklebt, noch abgedichtet war. Kann man sich das vorstellen? Aber es war so. Dass das Solarpanel mit Holzschrauben befestigt war, die in Kürze gerostet hätten, ist da nur noch eine Randnotiz.

Der Camper war so ausgebaut, dass ich eine bequeme Behandlungsliege in die Mitte stellen konnte und am Kopfende sass. Um mich herum alle Utensilien und Kosmetikprodukte.

Ende April konnte ich endlich starten und es war sehr aufregend. Richtung Tessin, zu einem der schönsten Campingplätze in Tenero, Camping Miralago. Eine Freundin, die ganz nah bei Locarno eine wunderschöne Ferien-Wohnung hat, das Casa Mimosa in Orselina, war extra gekommen, um mir beim Aufbau zu helfen. Es war herrlich und hat unglaublich Spass gemacht. Ich stand an exponierter Lage, sodass jeder Gast an mir vorbei musste. Mit ein wenig Deko und etwas Improvisation haben wir das WellnessMobil toll präsentiert, Flyer an der Rezeption hinterlegt, Fotos für den Instagram-Account des Campingplatzes gemacht und ganz wichtig war meine Präsenz vor dem Camper. Oftmals schüchterne Blicke seitens der Gäste oder eiliges Vorbeilaufen und bloss nicht schauen, ich könnte ja etwas verkaufen wollen…  und dann gab es wieder ganz spontan-aufgeschlossene Menschen, die vom Erscheinungsbild des Fahrzeugs und der Idee magisch angezogen waren. Sie wollten ins Fahrzeug schauen und gleich einen Termin haben.

Besonders in Erinnerung habe ich eine junge Frau, die nach der Ankunft förmlich in mein Fahrzeug hineingefallen war. Ich hatte fast jeden Tag zu tun und war einfach nur glücklich, dass mein Angebot angenommen wurde. Und das tolle Feedback der Menschen tat meiner Seele natürlich gut und hat mir bestätigt, dass die Geschäftsidee funktionieren kann. Das hat mir Mut gemacht. Ich hatte das Gefühl, im 7. Himmel zu sein. Endlich passte alles.

Nachts war es zu dieser Jahreszeit noch A****kalt aber ich hatte es kuschelig und die pure Geborgenheit hat mich in diesem Fahrzeug umarmt. Wer schon Mal in einem Camper geschlafen hat, kennt das kokonartige Gefühl, die dumpfe Akustik in dem kleinen Raum. Ich habe es geliebt. Es war einmalig schön und auch die Einfachheit des Camper-Lebens, habe ich sehr genossen. Beim Ausbau legte ich wert auf einen grossen Kühlschrank und war immer mit frischen Lebensmittel versorgt, habe jeden Tag lecker mit meiner einen Flamme gekocht. Es war herrlich, all dass zu erleben und erfüllte mich mit einer innerlich satten und tiefen Zufriedenheit. Bis es regnerisch wurde und zu wenig Gäste auf dem Platz waren und ich mich entschied abzureisen.

Die Behandlungsliege habe ich jeden Abend zusammengeklappt und hinten rechts verstaut. Die gegenüberliegenden Sitzbänke konnten durch Herausziehen verlängert werden und ich hatte eine wunderbare Liegefläche.

Meine Reise ging also weiter über noch ein paar Campingplätze in der Schweiz. Schlussendlich war ich 6 Wochen auf einem Campingplatz am Bielersee. Das ist am sogenannten Röstigraben zwischen Schweiz und Frankreich. Der Geschäftsführer war total offen für meinen mobilen Service und hat sich gefreut, seinen Gästen einen Zusatznutzen anbieten zu können. Es gab Tage, da hatte ich 3-5 Kunden und dann gab es die  Tage, an denen wenig bis nichts lief. Es war auch nicht auszumachen, an welchen Parametern es lag. Wetter zu heiss, zu regnerisch zu was auch immer. Man konnte es einfach nicht ermitteln warum mein WellnessMobil entweder auch an heissen Tagen gestürmt wurde oder mein Fahrzeug und ich unsichtbar zu sein schienen. Ich blieb aber optimistisch. Wie schon erwähnt – ich wollte ja, dass es funktioniert. Ein Scheitern war in meiner Vorstellung nicht vorhanden.

Aber es sollten weitere einschneidende Ereignisse vorauseilen, von denen ich in meinem Glück noch nichts ahnte.

35 Jahre zurück in die Gegenwart und der zweite Abschied

Ich bin gelernte Hotelfachfrau in der Luxusgastronomie in Frankfurt und ich hätte nie gedacht, dass ich an meinen erlernten Beruf von vor 3 ½ Jahrzehnten einmal wieder anknüpfen würde. Ich hab eine zeitlang tagsüber im Service des Campingplatzes gearbeitet und abends im WellnessMobil kosmetische Behandlungen durchgeführt. Das Konzept ist mehr oder weniger aufgegangenen und natürlich war es anstrengend. Aber es hat mir auch extrem viel Spass gemacht, an meinen ursprünglichen Beruf anzuknüpfen. Die Liebe für die Gastronomie habe ich nie verloren. Ich habe, bevor meine Kinder kamen, immer davon geträumt, ein Bistro oder Café zu eröffnen.

Kurz vor Antritt meiner Arbeitsstelle – nur 2 Minuten später kam ein erschütternder Anruf.

An meinem ersten Tag im Service bekam ich 15 Minuten vor Arbeitsbeginn einen Anruf, dass mein Stiefvater verstorben sei. Ziemlich genau 3 Wochen nachdem ich erfahren hatte, das mein Vater verstorben war. Mein Stiefvater ist mir näher gewesen, als mein leiblicher Vater, der sich mir entzogen hatte. Mein Stiefvater hatte grossen Einfluss auf mich und mein Leben und, wie könnte es auch anders sein, es entstanden viele problematische Themen, die ich im Laufe vieler Jahre bearbeitet und gelöst habe. Ich hatte mich die letzten Jahre sehr von ihm distanziert aber die Nachricht war erschütternd und es tat einfach weh.

Ich trat meine Arbeit wie Benommen an. Es war hart, in diesen Knochenjob rein zu finden. Die Anforderungen an das Tempo waren extrem hoch und ich musste schauen, dass ich, egal welche Nachricht ich gerade erhalten hatte, mir superschnell jeden Handgriff merkte. Wo befindet sich was, wie wird die hoch automatisierte Kaffeeanlage bedient, am Abend gereinigt, welcher Wein steht wo, in welchem Glas wird welches Getränk ausgeschenkt? Getränk X gibt es nur im Glas und nicht in der PET-Flasche, dafür gibt es aber Getränk Y nur in der kleinen 0,5er PET-Flasche usw.  Cocktail-Zubereitungen ein Mal zuschauen und Können. Der innere Stress, die tägliche Dauer-Anspannung war enorm.

Die Erfahrung im Service bezüglich der Verhaltensweisen der Gäste im Urlaubsmodus war auch sehr facettenreich. Überwiegend waren es sehr sehr nette Erlebnisse und Begegnungen und ich habe es genossen. Aber ich kam ein paar Mal aus dem Staunen nicht heraus, wie herablassend doch so mancher sich verhielt. Auch gab es immer wieder Gäste, die selbst im Urlaub Null Verständnis hatten, wenn mal etwas nicht reibungslos funktionierte. z.B. wenn die Kaffeemaschine kurzfristig nicht einsatzfähig war, weil die innenliegenden, mehrere Liter fassenden Milchcontainer aufgefüllt werden mussten. Und es gab lange Stosszeiten, in denen man einfach nicht vorher dazu kam, diese Container vorsorglich aufzufüllen. Und irgendwann sind sie eben leer. Es gab Tage, da sind hunderte Kaffee in extrem schneller Schlagzahl ‚raus gegangen. Es gab sogar mal die Situation, dass ein Gast seinen Drink einer Kollegin ins Gesicht geschüttet hat. Er war verärgert, weil bei einem Strandfest die Getränke nur im Pappbecher oder Plastkweinglas ausgegeben wurden und vor allem keine Weinkühler möglich waren. Trotzdem bleibt man freundlich und versucht mit Verständnis, die Situation zu entschärfen. Die Kollegin allerdings ist nach Luft schnappend verständlicherweise erst Mal aus der Gefahrenzone gelaufen. 

 

Gelati wie am Fliessband

 

Meine wundervollen jungen Kollegen. Egal wie hart die Anforderungen oft waren. Wir hatten zusammen viel Spass und uns gegenseitig wahnsinnig toll unterstützt. Dadurch war alles machbar.

Was ganz wundervoll war, ich hatte in dem insgesamt etwa 6-köpfigen Team zwei ganz tolle junge Kollegen, mit denen ich heute noch in Kontakt bin. Eine junge Schweizerin und ein junger Mann aus Italien. Er spricht mehrere Sprachen, ausser Deutsch und es war so witzig, wie wir uns mit mehreren Sprachen innerhalb von einem Satz unterhalten haben. Die Zusammenarbeit zwischen uns hat super funktioniert, wir haben toll Hand in Hand gearbeitet, hatten Spass und haben uns gegenseitig einfach gut getan. Besonders, wenn es mal wieder ganz deftig zuging. Das Miteinander und der positive, humorvolle Umgang untereinander, egal wie herausfordernd die Arbeit war, ist eine so tragende Säule, die einen selbst härteste Tage durchstehen lassen und sich am Ende erschöpft aber fröhlich voneinander verabschiedet. Das war einfach toll zu erleben.

Die grösste Herausforderung war, wenn der Gelati-Stand geöffnet wurde. Es gab Tage, da habe ich 6 Stunden Eis geschaufelt und wir standen zu zweit und die Menschenschlange wollte kein Ende nehmen. Es war unglaublich. Durch die immer gleiche Bewegung mit dem Gelati-Spatel ins Eis zu stossen, zog ich mir eine Entzündung an der Daumenwurzel zu, die mich über Monate in der Beweglichkeit eingeschränkte, weil es so höllisch weh tat. Ich konnte den Daumen fast nicht mehr bewegen und kaum noch etwas greifen und zwischen die Finger nehmen. Da merkt man erst, wie viel dieses Körperteil leistet.

Man kann es sich nicht vorstellen, wenn man es nicht selbst erlebt hat, was es heisst, die immer gleichen Fragen zu stellen oder gestellt zu bekommen und das über Stunden. Menschen, die 20 Minuten oder länger in der Schlange stehen und erst im Moment, in dem sie an der Reihe sind anfangen, sich zu überlegen, welche Eissorten sie haben wollen.  Mancher hat erst Mal in aller Ruhe jede Eissorte gelesen und gaaaanz laaaangsam überlegt, ob er oder sie dieses oder doch lieber jenes Eis nehmen möchte. Hinter der Person etwa 30 weitere Personen in der Warteschlange. Ich bin natürlich freundlich geblieben, denn ein Eis ist etwas Fröhliches, das kann man nur mit einem Lächeln verkaufen und die meisten Gästen, die aufgrund der langen Wartezeit dann auch mal am Limit waren, lächelten nach dem ersten Schleck. Und das Eis war sensationell gut!

 

Tage der Entscheidungen

Irgendwann kam der Tag, an dem ich mir klar machen musste, dass ich das WellnessMobil werde aufgeben müssen. Nachdem sich nach weiteren 6 Wochen ein dritter Todesfall in der Familie ereignete und die damit verbundene erneute Unterbrechung meiner Tätigkeit, die neue Lebenssituation meiner Mutter, die mich erst Mal brauchte und das Ende der Saison. Es tat sehr weh, war aber unumgänglich. Es lässt sich eben nicht alles planen. Da nutzt der beste Businessplan nichts, wenn das Leben dazwischen kommt und man den Tatsachen ins Auge sehen muss. Ich bin dankbar, dass ich die Erfahrung mit meinem WellnessMobil machen durfte, dass ich meinen Traum, trotz so vieler Widrigkeiten habe umsetzen können. Ich hätte es mir nur schwer verziehen, wenn ich es nicht gemacht hätte.

 

Die Traurigkeit auf die Seite gestellt. Mit meiner Tochter eine Woche auf Abschiedstour. Wir haben jede Minute genossen. Von Interlaken über den Sustenpass Richtung Lago Maggiore.

Meine Zeit mit dem WellnessMobil war also zu Ende und ich ging mit meiner Tochter eine Woche auf Abschiedstour, rund um den Lago Maggiore. Wir haben dort angehalten, wo es uns gefiel und die Freiheit des Camperlebens genossen. Wir hatten die Fahrräder dabei und sind früh am Morgen durch Locarno geradelt, haben uns ein Frühstück besorgt und auf einer Parkbank, mit Blick auf den See den Kaffee und das Gipfeli genossen – ach, es war traumhaft. Es war unsere erste und letzte Reise mit dem Fahrzeug. Es war wunderschön und gleichzeitig so traurig. Zuhause angekommen habe ich den Camper innen und aussen top hergerichtet und für den Verkauf aufbereitet. Es war eine tagelange Knochenarbeit – körperlich, wie seelisch.

Das WellnessMobil zum Reisecamper gewandelt. Die Fahrräder hatten wir im Fahrzeug gut befestigt und sind damit durch Locarno und weitere Städte rund um den Lago Maggiore.

 

Als wir Zuhause waren, hatte ich noch eine Woche Zeit für die, das Leben extrem verändernde Entscheidung. Es war nur wenige Tage vor der Frist, um die Wohnung noch rechtzeitig kündigen zu können, um mein Leben für eine ungewisse Zeit ins Ausland zu verlegen und um mich nach dem weiteren Todesfall, um meine Mutter zu kümmern. Ende August kündigte ich also die Wohnung und mir war klar, dass es ungeahnte Auswirkungen haben würde.

Persönlichkeitsentwicklung am RAZ

In der Schweiz ist der Wertstoffhof das Regionale Abfallzentrum, genannt RAZ. Was hat die Entsorgung von Wertstoffen oder Abfall mit Persönlichkeitsentwicklung zu tun? Wenn Du Dir vorstellst, Du musst über jeden Gegenstand in Deiner Wohnung oder Haus entscheiden „Behalte ich das oder kann das weg?“ ist das schon mal ein Teil der Herausforderung. Ist zwar auch befreiend, sehr sogar aber nicht zwangsläufig leicht. Und dann kommt der Moment, der so furchtbar endgültig ist – der Wurf ins grosse Sammelbecken unserer Wohlstandsgesellschaft.

Ich kann mich noch gut erinnern, als ich am nächsten Tag wieder zum RAZ fuhr, rückwärts mit dem Fahrzeug einparkte, ausstieg und den Bagger mit Schaufel im Einsatz sah. Die Schaufel hatte eine Matratze eingeklemmt und damit den Boden gewischt, weil eine dunkle Brühe ausgelaufen war! Was soll ich sagen – es war meine Matratze, die ich am Vortrag entsorgt hatte. Das war so unwirklich und irgendwie auch schockierend.

Und wieviel Geld in dem ganzen „Müll“ steckt. Das ist schon ein kleines Vermögen, dass ich da entsorgt hatte. Ich habe zwar schon lange damit aufgehört, mir irgendwelchen Nippes zu kaufen. Gegenstände die wunderschön anzusehen sind aber schlussendlich nur herumstehen. Ich habe über die Jahre gelernt, mir ganz vieles, das mir gefällt schön zu finden ohne es besitzen zu müssen. Trotzdem waren es viele Fahrten zum RAZ, sprich bares Geld, das entsorgt wurde.

Ja, auch dieses Foto muss sein. Die linke Hälfte plus der Sessel rechts, ist der Rest von meinem Hausstand nachdem ich ganz unfassbar viel entsorgt und in der Wohnung für die Nachmieterin zurück gelassen habe.

 

Schlussendlich ist alles, was ich noch habe, in einem 2,5 qm grossen Lagerraum und einer halben Garage eingelagert, die ich mir mit einer Freundin teile, die vor über einem Jahr nach Ecuador ausgewandert ist. Ich hab so sehr ausgemistet, dass ein mittlerer Container ausreichen würde, um den Rest zu entsorgen. Dieses los lassen von Gegenständen geht einher mit den damit verbundenen Erinnerungen, Lebenssituationen – gute wie schlechte. Emotionen, die sich meldeten, manche drängten geradezu in meine Wahrnehmung und liessen sich auch nicht wegdrücken. Und irgendwie beschlich mich auch immer wieder der Gedanke, dass das, was am Ende von mir übrig bleibt, tatsächlich in eine Garagenhälfte passt. Es war schon eine sehr spezielle Erfahrung, seinen eigenen Hausstand mehr oder weniger selbst aufzulösen. Und bei drei Todesfällen in drei Monaten wird man schon mal nachdenklich, das eigene Ableben und was von einem übrig bleibt zu durchdenken.

 

Wohin die Reise geht

Ich entschied mich also, zu meiner Mutter zu gehen, die seit Ende September alleine in einem Haus mitten in einer zwar wunderschönen aber doch sehr abgelegenen Ortschaft in Italien lebt. Ich versprach mir auch, hier zur Ruhe zu kommen, die letzten Monate zu verarbeiten, zu Trauern, Kraft zu sammeln, viel zu Schreiben und neue Pläne zu entwickeln.

Die Herausforderung im Hinblick auf den Mini-Umzug bestand darin, nur das Nötigste mitzunehmen. 10 Pakete schickte ich mit Hermes voraus und den Rest packte ich in meinen Kombi. Es war ein enormer Stress, dieses Packen und dabei immer wieder abzuschätzen, was und wieviel bekomme ich ins Auto. Meine Behandlungsliege hat schon so viel Platz geschluckt und ich wollte auch meine ganzen Utensilien für kosmetische Behandlungen dabei haben. Viele viele Bücher, für die ich die letzen Jahre keine Zeit hatte, sind ebenso mitgekommen.  Natürlich alle Kleider, die stark minimiert sind, ebenso wenige Schuhe. Es ist erstaunlich, nicht erst seit meiner reduzierten Lebensweise im Camper, mit wie wenig man schlussendlich auskommt.

Abschied von meinem Traum

Der nächste Abschied betraf mein WellnessMobil. Ich konnte das Fahrzeug bei einem Automechaniker auf den Platz stellen. Ich bin mit dem Preis im Laufe der Wochen dramatisch nach unten und habe ihn weit unter Wert angeboten. Ein älteres, nettes Ehepaar hat ihn gekauft und es ist tröstlich, dass all mein Herzblut, das darin steckt, anerkannt wurde und die beiden offensichtlich grosse Freude an dem Fahrzeug hatten und haben. Einige Zeit zuvor hatte sich ein jüngeres Paar interessiert, alles schlecht geredet, gemeint das sie da noch einiges umbauen müssten und wollten den Preis weiter drücken. Ich habe abgelehnt. Das hat mich so wütend gemacht. Egal wie gross mein eigener Druck war aber das war derart unangemessen und im Verhalten unanständig, dass ich das Risiko eingegangen bin. Verkauft habe ich schlussendlich fünf Tage vor Abreise nach Italien. Da hat sich tatsächlich mal etwas gefügt und ich war einfach nur dankbar.

Und Tschüss…

Am 28. Oktober 2022 war die Wohnungsübergabe. Die kommenden Tage fand ich Unterschlupf bei Freunden, einer vierköpfigen Familie. Die 12-jährige Tochter hat mir ihr Zimmer zur Verfügung gestellt, alle rückten zusammen. Es war so unglaublich, diese Hilfsbereitschaft.

Die letzten Monate waren tatsächlich traumatisch und da ist noch viel, was ich verarbeiten und auch verabschieden darf. Vor Allem wird es Zeit, dass ich mich meiner eigenen inneren Trauer zuwende. Aber auch anzuerkennen, was ich bewegt habe. Beides ist ein Prozess für den ich mich so langsam öffnen kann. Da ist auch Angst davor, dass es mich völlig überrollt. Und die letzten Jahre habe ich zunehmend einfach nur funktioniert. Mir nicht erlaubt, mich von meinen Gefühlen und Sorgen mit Sogwirkung nach unten ziehen zu lassen. Das hat auch Kraft gekostet, immer wieder alles gedanklich und damit emotional so auszutarieren, das ich oben auf bleibe.

Fakt ist, dass ich am 04. November die Schweiz verlassen habe und mit Blick auf die letzten Monate für mich so deutlich wurde, wie niemals zuvor, wer von den Menschen in meinem Umfeld mir wirklich nah ist. Es hat weh getan, dass so mancher Kontakt und auch als Freundin oder Freund gefühlte Menschen, sich in all den Monaten tatsächlich nie nach meiner Selbständigkeit erkundigt haben und bis heute nicht wissen, dass ich gar nicht mehr da bin. Das hat erstmal weh getan. Ich bin ein echter „Emotionsbobbel“ bin immer nah an den Menschen und offenbar reichen bei mir schon kleinste Gesten der Zugewandtheit, um bei mir eine vollständige Herzöffnung zu erzeugen. Denn eines weiss ich gewiss: wenn eine Freundin ein Business eröffnet, dann würde ich sie ganz sicher im Rahmen aller mir zur Verfügung stehenden Möglichkeiten supporten.

Ciao bella Italia

 

Dieses Paradies habe ich nun direkt vor der Haustür im Gebiet der Marken, zwischen Ancona und Arcevia.

Es ist hier wunderschön. Traumhafte Landschaft, mildes Klima, das Meer 35 km entfernt. Mein Bild das ich hatte war, dass ich nach Italien komme und nach den kraftzehrenden Monaten einfach Mal zur Ruhe komme. Bis heute ist das nicht möglich, da ich über Wochen mit vielen administrativen Aufgaben rund um die italienischen Behörden gefordert bin. Es ist für mich eine grosse Herausforderung, da ich die Sprache nicht kann, mit google translate wird es auf den Ämtern dann auch eher eng. Egal ob auf dem Einwohneramt, bei der Versicherung oder beim Auto-Import, der aus der Schweiz, als nicht EU-Land nach Italien eine rechte Herausforderung ist. Wobei weniger die Schweiz hier kompliziert ist, es ist tatsächlich Italien mit immer wieder neuen Anforderungen an erforderliche und beglaubigte Formulare. So brauche ich also immer jemanden, der mitkommt und das Sprachliche übernimmt.

Während ich das hier schreibe, liege ich auf dem Bett in einem Hotel am Bodensee. Draussen knallen schon seit Stunden die Böller und der Countdown zum Jahreswechsel läuft. Ich bin die Tage hier, um die Ausfuhr meines Autos endlich zu Ende zu bringen. Darüber lohnt sich ganz sicher mal ein eigener Blog-Beitrag.

Ich werde sicher das ein oder andere noch ergänzen aber jetzt komme ich mal zum Schluss, damit ich das Feuerwerk noch mitbekomme. Ich geniesse es, hier zu sein, zu schreiben und mit mir alleine jetzt anzustossen. Ein Piccolo wartet gekühlt vor meiner Zimmertür.

 

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